Barbara W. ist bei einer Gesunden-Untersuchung, als ihr Hausarzt einen Knoten an der Schild-drüse ertastet. Nach einer Ultraschall-Untersuchung bei einem niedergelassenen Radiologen wird die Sozialarbeiterin ins Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried überwiesen. Dort erfolgen eine weiterführende Ultraschalluntersuchung, eine Schilddrüsenszintigraphie – die bildgebende Funktionsdiagnostik mittels Gammakamera –, und die Bestimmung der Schilddrü-senhormone sowie -Antikörper. Die Erkenntnis: Der Knoten muss entfernt werden. Schon kurze Zeit später folgte die Operation: „Sie ist komplikationslos verlaufen.“ Auch die richtige Dosis des Schilddrüsen-Medikaments wurde rasch gefunden. Heute kommt die 42-jährige Mutter zweier Kinder einmal jährlich zur Kontrolle zu Prim. Doz. Dr. Alexander Kroiss, dem Leiter der Nuklearmedizin in Ried im Innkreis. „Ich bin sehr dankbar, dass man als Patientin vom gesamten Team eine fachlich kompetente Behandlung erfährt, aber auch in einer schwierigen und verunsichernden Situation mit all seinen Ängsten und Sor-gen ernst genommen wird. Alle nehmen sich viel Zeit und agieren immer wertschätzend.“
20 % Schilddrüsen-Erkrankte in Österreich
In Österreich leiden geschätzt 20 Prozent der Bevölkerung an einer Schilddrüsenerkrankung. Doch Primar Kroiss kann zum großen Teil entwarnen: „Die Sterblichkeit ist mit einer Rate von unter einem Prozent sehr gering.“ Die sichtbarste Erkrankung ist der Kropf, eine vergrößerte Schilddrüse aufgrund eines Jodmangels. In Oberösterreich war früher besonders das Innviertel von einem Jodmangel betroffen. Doch seit der Einführung der Jodierung von Speisesalz An-fang der 1960er Jahre nahm der Mangel stark ab.
Weit verbreitet sind die Unter- und Überfunktion der Schilddrüse. Zu den Ursachen zählen Au-toimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow, genetische Faktoren sowie Umwelteinflüsse. Am häufigsten tritt die Unterfunktion mit Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme, depressiver Verstimmung und Kälteempfindlichkeit auf. Die Überfunktion führt hingegen zu Gewichtsverlust, Herzrasen, Zittern und Schwitzen.
Radiojod statt bzw. nach OP
Laut Primar Kroiss bietet die Nuklearmedizin für die Schilddrüse die gesamte Palette an: „Von der exakten Diagnose zur individuell maßgeschneiderten Therapie.“ Die Behandlungsmöglich-keiten reichen von Medikamenten über chirurgische Eingriffe bis zur nicht-invasiven Radio-jodtherapie mit radioaktivem Jod-131.
Bei einer Schilddrüsen-Dysfunktion wird Radiojod in niedriger Dosierung angewandt, um das überaktive Gewebe zu eliminieren. Ziel ist die normale Hormonproduktion der Schilddrüse. „Es wird nur im Organ aufgenommen und erspart Patient*innen die Operation“, so Kroiss. Gemäß moderner personalisierter Medizin wird die Dosis nach einer international etablierten Formel berechnet.
Dennoch existieren unbegründete Ängste, weiß Kroiss: „Der Strahleneinsatz ist immer gede-ckelt, also zum Nutzen von Patient*innen. Nur in den ersten fünf Tagen nach der Einnahme sollen die Patient*innen engen Kontakt meiden, besonders zu Schwangeren und Kindern.“
Nicht jeder Knoten ein Karzinom
Ab dem 50. Lebensjahr entwickelt jede*r Zweite bis Dritte Knoten an der Schilddrüse. Viele da-von werden in der Ultraschall-Untersuchung als gutartig erkannt. Zur exakten Differentialdiag-nose von kalten und heißen Knoten wird die sogenannte Szintigraphie angewandt: „Zur Bildge-bung wird hier ein schwach radioaktives Isotop gespritzt. Die Strahlenbelastung ist minimal – wesentlich geringer als bei einem Lungenröntgen – und wird binnen sechs Stunden abge-baut.“
Erscheint ein Schilddrüsenknoten im Ultraschall verdächtig, wird eine Feinnadel-Punktation vorgenommen. Laut Kroiss ebenfalls kein Grund zur Sorge: „Die Nadel ist so fein, dass der Ein-griff keine Lokal-Anästhesie benötigt.“ Auch bei meist gutartigen Schilddrüsen-Zysten kommt die Feinnadelpunktion zur Entlastung zum Einsatz.
Jährlicher Schilddrüsen-Check
Zum Ausschluss einer Schilddrüsendysfunktion sollten Patient*innen zunächst eine Blutab-nahme wahrnehmen, zum Beispiel bei Hausärzt*innen oder Internist*innen. „Ein normaler TSH-Wert schließt in der Regel eine Schilddrüsenfunktionsstörung aus“, so Kroiss.
Schilddrüsen-Patient*innen empfiehlt er eine regelmäßige Kontrolle bei Nuklearmediziner*in-nen. Zur Bewertung des Wachstums von Knoten, Kontrolle eventueller Tumormarker und der richtigen Einstellung mit Schilddrüsen-Medikamenten erfolgen ein Blutbild sowie eine Ultra-schalluntersuchung.